WZ vom 13.03.06: “Kirche wird zum Platzmöbel degradiert”

Die Entwürfe zur Umgestaltung des Alten Marktes sind für die Hildener Architekten Thomas Pagel und Marcus Henn zu “oberflächlich”. Von Michael Kremer Hilden. “Die Planung für den Alten Markt kann die geringsten Erwartungen nicht erfüllen. Sie ist im Gegenteil von erschreckender Oberflächlichkeit geprägt. Sie lässt eine präzise Auseinandersetzung mit dem Ort vermissen. Städtebaulich und im Hinblick auf den gewohnten Gebrauch durch die Bürger unserer Stadt bietet der Entwurf keine Lösungen. Er schafft vielmehr Probleme.” Die beiden Hildener Architekten Thomas Pagel und Marcus Henn lassen kein gutes Haar an den Entwürfen, über die der Stadtentwicklungsausschuss in seiner Sitzung am Mittwoch um 17 Uhr im Sitzungssaal des Bürgerhauses beraten wird. Für Pagel und Henn stellt sich vor allem die Frage, warum der Alte Markt, der sich ohnehin nicht durch eine enorme Flächenausdehnung auszeichne, auch noch durch ein mit Blumenkübeln möbliertes “Funktionsband” in Platzfläche und Gehwege zerteilt werden müsse. Wenn dieses Band nur die ohnehin vorhandenen und viel stärker, weil räumlich wirkenden Bebauungskanten nachfahre, würde nichts verdeutlicht. Das Band störe vielmehr, da es mit den tatsächlichen Wegebeziehungen am Alten Markt nichts zu tun habe. “Spätestens wenn dieses Band die Kirche unterläuft, führt sich das gesamte Konzept ad absurdum”, so die Architekten weiter. Hildens wichtigstes Baudenkmal werde damit seiner, durch einen kräftig ausgeprägten Sockel formulierten “Erdenschwere” beraubt und zu einem beliebigen Platzmöbel degradiert. Ein ungelöstes Rätsel bleibe es deshalb, warum Kirchengemeinde und Denkmalschützer “dieser offenkundigen Ignoranz” auch noch Beifall zollen. Auch der Umgang mit dem zweiten, den Platz prägenden Element, der Friedenseiche, sei fragwürdig. In einigen Darstellungen fast zur Unsichtbarkeit aufgelöst, scheine der Baum eher als Störfaktor denn als Potenzial wahrgenommen worden zu sein. “Einen weiteren Höhepunkt eines planerischen Autismus, der dem Berufsstand in der Vergangenheit viel geschadet hat und den wir doch für überwunden hielten, bietet das Wasserbecken, dessen Mündungsstein wohl umstandslos an den schon einmal ignorierten Sockel der Kirche andocken soll”, so Pagel und Henn in ihrer Stellungnahme. Unabhängig von den Errichtungs- und Unterhaltungskosten einer solchen Spielerei, werde mit dem Wasserstreifen und den flankierenden Bänken eine Trennung von Marktplatz und Mittelstraße fortgeschrieben und verfestigt. Der zur Beratung anstehende Entwurf offenbare nach Ansicht der Hildener Architekten “eine bedauerliche Kenntnislosigkeit der örtlichen Situation”. Ihm fehte jede wünschenswerte und beruhigende Großzügigkeit, “weil die Planung sich in formalistischen Attitüden verliert”. Wesentliche Fragestellungen, wie zum Beispiel die Integration der Außengastronomie, blieben ungelöst und würden “geflissentlich übergangen”. Gänzlich unverständlich seien auch die veranschlagten Kosten, die von Pagel und Henn in Bezug auf Umfang und vor allem Ergebnis als deutlich überzogen” angesehen werden. Deshalb dürfe die Planung in der vorliegenden Form nicht Wirklichkeit werden, “da wichtige Belange des Städtebaus, der Brauchbarkeit und Alltagstauglichkeit sowie der Wirtschaftlichkeit nur ungenügend Berücksichtigung finden”.

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