NRZ vom 05.12.2006 NATUR. Bevor die Biologische Station die Tiere schützen kann, muss sie erst Arten und Anzahl ermitteln – kein leichtes Unterfangen. INGO BLAZEJEWSKI MONHEIM. Die Suche ist nicht gerade einfach. “Sie sind erst eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang unterwegs. Plötzlich sind sie da und keiner weiß, woher sie kommen”, sagt Holger Pieren. Der Mitarbeiter der Biologischen Station ist den heimischen Fledermäusen auf der Spur. Doch die Zahl und die Arten in der Region zu erfassen, das hört sich einfacher an als es ist. Sämtliche in NRW vorkommenden Fledermausarten sind europaweit streng geschützt. Doch über die Verbreitung ist wegen ihrer heimlichen Lebensweise kaum etwas bekannt. “Wir sind auf die Hilfe von Bürgern angewiesen und für jede Flugbeobachtung oder Quartiersmeldung dankbar”, sagt Pieren. Im Frühjahr 2005 hatte die Biologische Station zum ersten Mal einen Aufruf gestartet, zudem alle Kirchengemeinden angeschrieben. Die Resonanz sei überragend gewesen, mehr als 300 Anrufer hätten Fledermäuse am Nachthimmel gesichtet und sich gemeldet. Die meisten Hinweise kamen allerdings aus Düsseldorf und nur vereinzelt aus dem Kreis Mettmann. Vor allem an Meldungen aus Monheim, Langenfeld und Hilden mangelt es. Dabei gebe es dort nicht weniger Tiere als in den umliegenden Städten. Über einhundert Tagesverstecke und Winterquartiere sind inzwischen kartographiert, rund 60 davon bestätigt. Die Zahl der Fledermäuse lässt sich dennoch kaum schätzen. In einem Quartier könne sich eine einzelne, aber auch Dutzende Exemplare tummeln. Die Tiere leben keineswegs nur in abgelegenen Höhlen oder hohlen Baumstämmen, wie ein Beispiel aus Monheim zeigt: An einem mehrstöckigen Wohnhaus im Berliner Viertel gibt es in den Schlitzen zweier Balkonverkleidungen eine sogenannte Wochenstube zur Aufzucht der Jungtiere. Als ein Bewohner jedoch die jungen Fledermäuse hilflos auf dem nackten Balkonboden entdeckte, rief er bei der Biologischen Station an. Im dunklen Turm des Hauses Bürgel mit offenen Fensterluken hatten die Tiere vorübergehend ein neues Zuhause gefunden. Die Daten, die die Station in der Urdenbacher Kämpe seit zwei Jahren sammelt, sind Basis für ein Artenschutzprojekt. “Wir wollen im kommenden Jahr verschiedene Schutzmaßnahmen in Angriff nehmen”, sagt Pieren. Denn häufig werden die Quartiere in den kleinen Mauernischen zugemauert. Auch bei der Sanierung alter Häuser können für die Tiere Lebensräume wegfallen. Die Station will das Gespräch mit Eigentümern suchen, zudem Fledermauskästen aufstellen. Schon ein kleiner Spalt im Haus könne den Tieren ein Lebensraum bieten. Und sogar eine kleine Ritze, hinter der man eigentlich keine Tiere erwartet. Denn der Körper einer Zwergfledermaus ist gerade mal daumendick. Wer in einem Haus mit altem Dachgebälk wohnt, findet die Spur der Fledermäuse am Boden: Kleine Krümelchen, wie zerriebener Lehm, erklärt Pieren, so sehe der Kot der Tiere aus. Und daneben lägen meist Flügelreste der Insekten. Drei Arten hat die Station in der Region ausgemacht: Neben der Zwergfledermaus zieht der Große Abendsegler seine Bahnen in der Luft, bevorzugt an Waldrändern. In Teich- und Seenähe fühlt sich dagegen die Wasserfledermaus heimisch. Jetzt ziehen sich die Tiere zurück. Den Winterspeck haben sie sich im Flug angefressen. Rund 20 000 Mücken vertilgt eine Fledermaus in der Flugsaison, hat Pieren hochgerechnet: “Einen besseren Mückenschutz gibt es nicht.” Falls sich ein orientierungsloses Jungtier im Sommer in die Gardine des offenes Fensters verirrt, bräuchten Menschen keine Angst zu haben. “Fledermäuse beißen nicht. Mit den Vampiren, das ist wirklich nur eine Mär”, sagt Pieren lachend.