Der offene Brief zur Abschlusskundgebung bei der Demonstration gegen den Bau der CO-Pipeline am 16.6.2007: Betrifft: Giftgaslager im Kreis Mettmann Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, sehr geehrter Herr Regierungspräsident, sehr geehrter Vorstand der Bayer AG, liebe Mitbürger im Kreis Mettmann, aufgrund eines Gesetzes, das im März 2006 vom Landtag ohne Debatte und ohne Gegenstimme beschlossen wurde, hat Bayer jetzt die Möglichkeit im Landkreis Mettmann ein Giftgaslager zu errichten. Es soll eine 67 km lange Druckgasleitung für das extrem giftige und hochexplosive Kohlenmonoxid durch dichtbesiedelte rechtsrheinische Gebiete gebaut werden. Betroffen sind im Kreis Mettmann die Städte Monheim, Langenfeld, Hilden, Erkrath und Ratingen. Eine solche Druckgasleitung hat für die Firma Bayer den Vorteil, dass die Produktion von Kohlenmonoxid unabhängig von dessen Verbrauch ist, da die Rohre als Zwischenlager für das Giftgas dienen können. Können es die Landesregierung NRW und Bezirksregierung Düsseldorf verantworten, dass die Firma Bayer bis zu 100.000 m3 hochexplosives Giftgas in dichten Wohngebieten zwischenlagern kann? In einem Gutachten aus 2005 hat der RWTÜV für einen Vollbruch eine tödliche Gaskonzentration bis in etwa 1200 Meter Entfernung berechnet. Gilt es nicht mehr, dass Giftgase sofort nach ihrer Entstehung weiter verarbeitet werden müssenund jegliche Transporte zu unterlassen sind? Es gibt keine Argumente für die CO-Pipeline außer der Gewinnmaximierung des Bayerkonzerns. Es sind bereits viele Argumente gegen die Pipeline genannt worden, wobei das wichtigste die existentielle Angst der Menschen ist. Dies ist im wörtlichen Sinne zu verstehen, denn die Menschen haben berechtigte Angst um ihr Leben. Dieses sollten auch Vertreter der Bezirksregierung Düsseldorf akzeptieren, die immer noch öffentlich argumentieren, dass die betroffenen Bürger ja im Planfeststellungsverfahren die Möglichkeit gehabt hätten, Einfluss zu nehmen. Es mag zwar formal alles seinen richtigen Weg gegangen sein, der Plan vom Bau dieser Leitung ist leider nicht bis zu den Menschen unseres Landkreises durchgedrungen. Zum Glück sind wir vor etwa vier Wochen von der Rheinischen Post informiert worden. Und so kann uns auch niemand das Recht streitig machen, jetzt – obwohl es schon 5 vor 12 ist – mit allen uns zur Verfügung stehenden, friedlichen (!) Mitteln, den Baustopp der Leitung zu fordern. Im Artikel 30 der Verfassung des Landes NRW heißt es (1) Der Landtag besteht aus dem vomVolke gewählten Abgeordneten. (2) Die Abgeordneten stimmen nach ihrer freien, nur die durch Rücksicht auf das Volkswohl bestimmten Überzeugung … Bei der Abstimmung des umstrittenen Enteignungsgesetzes ist scheinbar dieser Artikel in Vergessenheit geraten. Der Landtag hat dieses Gesetz (Lex-Bayer) eindeutig im Interesse des Bayer-Konzerns erlassen. Am 14.6.2007 stellte Johannes Remmel von den Grünen während der Landtagssitzung den Antrag, den Bau der Leitung zu stoppen und das Enteignungsgesetz zu überprüfen. Es war beschämend, wie Karl Kress (CDU), Wolfram Kuschke (SPD), Holger Ellerbrock (FDP) sowie der Minister Karl-Josef Laumann gebetsmühlenartig längst bekannte Tatsachen wiederholten. Dadurch kann man den Fehler, dieses Gesetz verabschiedet zu haben, nicht wieder gutmachen. Uns einfachen Bürgern wurde unterstellt, wir müssen lediglich besser informiert werden, damit wir unsere “Urängste” überwinden. Sehr geehrte Herren, wir waren und sind durchaus fähig, uns selbst ein Bild der Lage zu verschaffen. Es reicht für uns der gesunde Menschenverstand aus, zu erkennen, “besser jetzt wach zu werden als später zu ersticken!” Wir lassen uns das Recht nicht nehmen, um das Wertvollste zu kämpfen, was wir haben, unser Leben. Wir möchten das eine Leben, das wir hier auf der Erde haben, nicht in Gefahr gebracht wissen, nur damit die Bayer-AG einen größeren Profit hat. Die mehr als 15000 in kurzer Zeit allein in Hilden Monheim und Langenfeld geleisteten Unterschriften sind ein eindeutiges Zeichen, dass der Bau der Leitung nicht im öffentlichen Interesse – also im Interesse des Volkes – erfolgt. Diese Unterschriften stammen von Menschen aus allen Bevölkerungs- und Bildungsschichten. Es sind Menschen zu uns gekommen, die geweint haben. Andere Menschen waren so sprachlos und voller Entsetzen, dass sie ohne Worte unterschrieben haben, aber sich dann bei uns bedankt haben. Andere Menschen sprachen mit uns über die unglaubliche Arroganz der Vertreter der Bayer-Werke und der Bezirksregierung. Aber niemand konnte in all den Gesprächen sich selbst oder anderen verständlich machen, warum mit dieser “todsicheren” Pipeline Menschenleben auf Spiel gesetzt werden, obwohl Bayer in Uerdingen selbst eine Produktionsanlage hat und eine neue bauen könnte. Sehr geehrte Damen und Herren, zu keinem Zeitpunkt wurden die Menschen in Panik versetzt, sie haben sich vielmehr besser und sachlicher informiert als Herr Kress, der uns jetzt noch glauben machen möchte, Kohlenmonoxid würde über die Straße transportiert. Gesetze sind nicht schon dann “verfassungsmäßig”, wenn sie formell ordnungsgemäß ergangen sind. Dieses Gesetz steht in unseren Augen nicht im Einklang mit der Verfassung, da es gegen unsere Menschenwürde und das Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit der Menschen verstößt. Wir fordern sehr eindringlich die Landesregierung NRW auf, das Gesetz auf seine Verfassungsmäßigkeit hin überprüfen zu lassen und auch sonst jedes Mittel zu finden, den Baustopp der Leitung zu erreichen. Als Unterzeichner des Gesetzes bitten wir Herrn Rüttgers, in Verantwortung für die Menschen die Umsetzung dieser Forderung zu übernehmen. Wir fordern die Bezirksregierung Düsseldorf auf, einen sofortigen Baustopp auszusprechen, da neuere Gutachten zeigen, wie unsicher und somit lebensgefährlich diese Leitung ist. Als Unterzeichner der Bau- und Betriebsgenehmigung bitten wir Herrn Büssow, in Verantwortung für die Menschen die Umsetzung dieser Forderung zu übernehmen. Bayer weiß von den starken Protesten der Bürger und den eingereichten Klagen. Warum wird der Bau der Leitung in höchster Eile vorwärtsgetrieben um Fakten zu schaffen? Wir fordern den Vorstand des Bayer-Konzerns auf, die Angst der Menschen ernst zu nehmen und von sich aus den Bau der Leitung zu stoppen. Der Konzern wird bei einem ehrenvollen Rückzug die Achtung der Menschen nicht nur unserer Region gewinnen. Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitbürger im Kreis Mettmann, falls man unseren Forderungen nicht nachkommen wird, werden wir weiter kämpfen. Unseren Widerstand wird man nicht brechen. Der Widerstand wächst und wird stärker, denn wir Menschen sind das Volk und vom Volke geht die Macht aus. Gesetze müssen für die Menschen erlassen werden und wir Menschen dürfen und müssen uns unsinnigen Gesetzen nicht beugen. Marlis Elsen (eine betroffene Mitbürgerin) Verteiler: Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundespräsident Horst Köhler Vorstand der Bayer AG Bezirksregierung Düsseldorf Ministerpräsident Jürgen Rüttgers für die Landesregierung Landtagspräsidentin Regina van Dinther Bürgermeister der Trassen-Städte Presse Download als PDF-Dokument