CO-Pipeline: Ministerien- und Bayer-Vertreter ausgebuht

– Initiative punktet mit erschütternden Fakten Teilweise kochten die Emotionen während des “Stadtgesprächs” in Langenfeld hoch. Dennoch war das Lob der Moderatoren – der WDR und die Stadt Langenfeld hatten eingeladen – an das Publikum am Ende einmütig und wahrhaft verdient. Vertrauen sollen wir haben, Vertrauen darin, dass die CO-Pipeline sicher sein wird. Denn wir brauchen sie für das Allgemeinwohl Arbeitsplätze. Das WDRStadtgespräch war allerdings nicht geeignet, das Vertrauen in Bayer oder die Landesregierung wieder herzustellen. Denn angesichts der altbekannten Beteuerungen von Bayer-Projektleiter Werner Breuer, dass die Pipeline sicher sei und nach höheren als gesetzlich vorgesehenen Standards gebaut werde, kam schon großer Unmut auf. Dafür musste er Buhrufe ernten. Als Staatssekretär Dr. Jens Baganz aus dem Wirtschaftsministerium für die COPipeline ausgerechnet einen Vergleich mit einer ähnlichen Leitung in Shanghai als Beispiel bemühte, erntete er noch mehr Kritik. Seiner Meinung nach war dies ein gelungenes Vorbild, eine solche Giftgas-Pipeline in dicht besiedeltem Gebiet in NRW zu bauen und für die betroffene Bevölkerung Grund genug, dies für den Ausbau des Chemiestandortes NRW zu dulden. Dr. Baganz wirkte nicht nur arrogant, sondern auch sehr schlecht vorbereitet. Wie sonst konnte er z. B. behaupten, die Pipeline sei für 100 bar genehmigt und die Frage an Breuer stellen, sie würde sicher 150 bar aushalten? Seine weitere Behauptung, Arbeitsplätze würden durch die Pipeline geschaffen, wurde umgehend durch Bayer-Projektleiter Breuer korrigiert: Bestenfalls gesichert werden Arbeitsplätze, nicht geschaffen, natürlich ohne jegliche Garantie! Nachdem Bayer bisher immer von einer deutlich fünfstelligen Zahl gesicherter Arbeitsplätze sprach und damit auch die bei den Unternehmen meinte, die den Kunststoff bei Bayer kaufen und deren Arbeitsplätze sicher nicht davon abhängen, wo er hergestellt wird, sprach Breuer nun von 3000 direkt vom CO abhängigen Arbeitsplätzen – bei Bayer in Leverkusen, Dormagen und Uerdingen zusammen, wohlgemerkt. Da aber nur Uerdingen von der neuen Pipeline versorgt werden wird, sind nur die Arbeitsplätze in Uerdingen zu zählen, deren Zahl Bayer verschweigt. Zumindest hat sich mit Dr. Baganz ein Mitglied aus der zweiten Reihe der Landesregierung der Diskussion gestellt. Aber die Köpfe und die Herzen der Betroffenen unter den Teilnehmern konnte er nicht gewinnen als Ausweg aus der verfahrenen Situation sah er einzig die Gerichtsverfahren. Bayer-Vorstand Tony von Osselaer – als Teilnehmer im Publikum befragt – scheute sich nicht, seiner im Bau befindlichen Bayer-Pannen-Pipeline den gleich hohen Sicherheitsstandard wie der im niederländischen Bergen op Zoom bereits bestehenden Pipeline zu bescheinigen. Nichts war zu hören davon, dass diese wesentlich kürzer ist auch nichts von den Betonunterbauten, in denen diese Leitungen an kritischen Stellen verlaufen und auch nichts von den Abstandsregeln, die ein niederländischer Experte in der Monitorsendung anschaulich erläutert hatte. Verblüffend und entlarvend war aber sein Statement, die Pipeline sei dazu da, dass sich die drei Standorte Leverkusen , Dormagen und Uerdingen gegenseitig mit CO aushelfen sollen. Leider wurden ein Gegensatz nicht geklärt. Die CO-Produktion in Uerdingen wird laut Bayer – nachlesbar in der Begründung zum Verwaltungsgerichtsbeschluss von September 2007 – bei Inbetriebnahme der Pipeline eingestellt werden. Bürgermeister Magnus Staehler machte klar, dass er während der Genehmigungsverfahren die Gefahr durch diese Leitung nicht erkannt hat, aber jetzt Seite an Seite mit der Bürgerinitiative kämpft. Er konnte aber auch darauf verweisen, dass Langenfeld keinesfalls als industrie- oder wirtschaftsfeindliche Stadt abgestempelt werden kann. Sie ist eine der wenigen Kommunen, die schon bald schuldenfrei sein wird das gehe nur mit einer gesunden Wirtschaftstruktur. Johannes Remmel – Landtagsabgeordneter der Grünen – erläuterte die Gründe für das eingebrachte Aufhebungsgesetz. Aus heutiger Kenntnis des Wegfalls der Propylenleitung, des jetzt unübersehbar großen Protestes aus allen Trassenstädten und des – an der Weigerung der Landesregierung gescheiterten – Dialogprozesses bleibt nur die Konsequenz: Aufhebung des Enteignungsgesetzes. Dass der Betriebsratsvorsitzende von Bayer als Konsequenz des Pipeline-Stopps den Abbau aller Chemieanlagen in NRW an die Wand malte, fand nur den Beifall der mitgereisten Bayer-Angestellten, nicht aber bei den Anwohnern. Es wurde auch schnell klargestellt, dass die Gefahr durch das CO-Giftgas in einem gut überwachten, geschlossenen Werksgelände beherrschbar sein kann, frei zugänglich über 67 Kilometer aber nicht. Die Schilderung des Arztes aus Hilden – Dr. Hubert Parys, Anästhesist und Rettungsarzt – über die Vergiftungssymptome durch CO und die mangelnden Behandlungsmöglichkeiten in den umliegenden Kliniken, lassen wirksame Hilfe im Schadensfall nicht erwarten. Auch Brandmeister Lothar von Gehlen aus Hilden konnte wirksame Notfallhilfe nicht versprechen und ein abgestimmter Alarm – und Gefahrenabwehrplan ist aus seinen Worten überhaupt noch nicht in Sicht. Beeindruckt zeigten sich nicht nur das Publikum sondern auch die Moderatoren von Marlies Elsens Appell. Für die Initiative stellte sie die Folgen eine Vollbruchs der Leitung in einem zentralen Bereich ihrer Heimatstadt Hilden dar. Dutzende von Schulen und Kindergärten wären in diesem Fall in der 1500 Meter-Zone betroffen und mehr als 10.000 Tote wären zu befürchten. Darunter wären auch Tausende Schüler des Schulkollegs Hilden und ähnlich viele Schüler zweier Gymnasien. Ein wesentlicher Teil der Zukunft der Stadt Hilden wäre ausgelöscht. Da blieb selbst Medien-Profis für Sekunden die Sprache weg. Die Frage danach, wie es weitergehen müsse, hatte ein klare und logische Antwort in der Forderung, das Projekt CO-Pipeline schnellstens zu beenden und wieder Frieden einkehren zu lassen. Der Schlusspunkt der Veranstaltung war Simone Fibiger, Redakteurin von Westpol, vorbehalten, die drei Lehren aus diesem Verfahren zog: 1. Eine Genehmigung einer solchen Giftgas-Leitung ohne abgestimmten Gefahrenabwehrplan ist undenkbar 2. Abgeordnete dürfen ein solches Enteignungsgesetz ohne stichhaltige Begründung und gründliche Diskussion nicht verabschieden 3. Für ein solches Projekt ist es der Politik dringend anzuraten und zwingend notwendig, erst die Bürger zu befragen und dann etwas für die Wirtschaft zu tun.

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