Abgeordnete diskutieren Altlasten

– Initiativen fordern Handeln – Bayer verspricht Pannen auszubügeln – Bezirks- und Landesregierung ducken sich weg! Bayer hatte zu dieser Anhörung die eigene Belegschaft mobilisiert und hätte es beinahe geschafft, die Besucherplätze gegen die Pipeline-Gegner zu blockieren. Aber wir hatten von der Absicht Wind bekommen und hatten -einer sagst dem anderen – uns schon sehr früh Karten zur Anhörung gesichert. Hilfreich war auch das Eingreifen der Polizei, die ein gesammelten Einmarsch der in Bussen angekarrten Bayer-Truppe in den Landtag verhinderte. Sie ließ einfach die Bayer-Leute nur einzeln oder in kleinen Gruppen zum Landtag. Die Anhörung startete merkwürdig. Zunächst wurde wegen des Maulkorbs für Regierungspräsident Büssow längere Zeit über Experten- oder Beobachter-Status der anwesenden Fachleute aus den Ministerien diskutiert. Als dann die Befragung los ging, stellte sich die Diskussion als müßig heraus. Expertise war leider bei ihnen nicht erkennbar und viele Fragen wurden lapidar oder gar nicht beantwortet. Manchmal ist Nichterscheinen für das Ansehen besser das hatte sich Büssow wohl auch gedacht. Bei dem ersten Fragekomplex – Raumordnungs- Planfeststellungsverfahren, Aufhebung des Sofortvollzuges – verbissen sich Abgeordnete der CDU, SPD und FDP eine viel zu lange Zeit an der Mitschuld der Kommunen an dem misslungenen Ergebnis. Das Sprichwort: „Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen“ schien den Abgeordneten nicht geläufig zu sein. Denn immerhin hatten sie bei Verabschiedung des Enteignungsgesetzes mindestens ebenso wenig die Belange der Bürger im Blick wie die Kommunen im Raumordnungsverfahren. Unerfreulich war diese rückwärts gerichtete Diskussion vor allem für die erschienen betroffenen Bürger, weil sie für sie nichts bringt. In der Frage nach Verfassungsmäßigkeit des Rohrleitungsgesetzes waren die Argumentationen von Prof. Muckel so klar und nachvollziehbar, dass Nachfragen nur zu einer anderen Frage kamen. Wie sieht es mit Nachbesserungsmöglichkeiten durch den Landtag aus? Auch hier war die Aussage klar: theoretisch wäre das möglich, aber würde Bayer die notwendigen Festlegungen zum Gemeinwohl z.B. die Zahl der Arbeitplätze auch zusichern? Nein, das war während der gesamten Anhörung nicht zu vernehmen. Prof. Dietlein, der Bayer-Gegengutachter, wirkte in seiner Argumentation dagegen unklar und sehr formalistisch. Das merkten die Sachkundigen vor allem an seinen unvollständigen Zitaten, auf die nicht nur Prof. Muckel, sondern auch der Monheimer Bürgermeister Dr. Dünchheim kontern konnten. Zwischenzeitlich kamen Bedenken insbesondere bei Johannes Remmel von den Grünen auf, man werde möglicherweise die die Leute am meisten beschäftigenden Fragen der Sicherheiten nur noch im Galopp diskutieren können. Man bekam dann doch noch die Kurve und die Fragen zu Sicherheit wurden diskutiert. Auch wenn die Ausführungen von Prof. Falkenhain zur Ausbreitung von CO noch so klar und detailliert waren, Bayer und der TÜVGutachter verwiesen darauf, dass sie Erfahrung haben und amtlich zugelassen sind. Obwohl beide entweder keine detaillierten Informationen zu der korrodierten CO-Pipeline in Bayern und den Sicherheitsstandards in den Niederlande hatten oder sich korrigieren lassen mussten, meinten beide unisono: Wir erfüllen die hohen deutschen Standards und noch mehr. Das wussten die Fachvertreter der Initiative und des BUND-Landesverbandes NRW aber besser. Das Material der Pipeline und die Betriebsdauer mit CO in Bayern sind durchaus vergleichbar und der Sicherheitsstandard und die überbetriebliche Kontrolle machen Pipelines in den Niederlanden erheblich sicherer als hier. Und was noch ganz wichtig ist: in den Niederlanden haben alle Menschen ein verbrieftes Recht auf eine erheblich kleineres und exakt berechnetes Restrisiko. Das wollten weder Bayer, noch der TÜV noch die Bayer zugeneigten Abgeordneten ihren NRW-Bürgern zugestehen. Deshalb konnte der FDP Abgeordnete Ellerbrock sich nur dazu durchringen, Bayer strikt zu folgender Zusage zu verpflichten: Wenn besorgte Bürger Bayer Baupannen, wie z.B. Fehler beim Verschweißen oder beim Verlegen der Rohrleitung beobachten und dann Bayer über die Hotline informieren, dann verspricht Bayer sich darum zu kümmern und dem Bürger danach eine Brief zu schreiben. Da sprach Breuer endlich das erlösende JA. Als es um die Gefahrenabwehrplanung und das Rettungskonzept ging, fing die Diskussion über angebliche Versäumnisse und Verzögerungen durch die Kommunen wieder an, bis Landrat Hendele das Hick-Hack damit beendete, dass er deutlich machte, dass die Bezirksregierung und Bayer bisher noch gar kein abgestimmtes Konzept haben. Was sollen die Kommunen dann abstimmen. Erschütternd für die betroffenen Menschen entlang der Trasse. Obwohl die Feuerwehren eine Rettung für die Menschen nicht für möglich erachten, wollte der CDU-Abgeordnete Giebels von dem Monheimer Bürgermeister Dr. Dünchheim und von der Initiative wissen, welchen Kompromiss man verhandeln könnte. Die Antwort für die Initiative gab Dieter Donner: „Bayer hat gerade erklärt, dass es unmöglich ist, das CO für Menschen durch Zusatzstoffe wahrnehmbar zu machen. Deshalb ist die Aussage klar, wir verhandeln nicht über Menschenleben.“ Auch Dünchheim hatte die passende Antwort: „Die Bundesregierung hat in einem Brief in 1999 an die EG-Kommission erklärt, dass CO am Ort des Verbrauchs hergestellt werden muss. Ein Transport verbietet sich wegen der Gefahren.“ Wirklich weitergebracht hat uns diese Anhörung erwartungsgemäß nicht. Aber das Thema wird die Landesregierung nicht weiter so negieren können und den Landtag wird es noch intensiv weiter beschäftigen. Denn kreative Lösungen sind gefragt: entweder ringt sich der Landtag nun endlich dazu durch, dem Schrecken ein schnelles Ende zu bereiten und das Enteignungsgesetz aufzuheben – oder die Abgeordneten werden noch bis ans Ende dieser Legislaturperiode immer wieder von ihrem schlechten Gesetz mit den fatalen Folgen für die betroffenen Bürger eingeholt.

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