Pressemitteilung BA: „Mehr Bürgerbeteiligung statt geheimer Rathauspolitik!“

Der Rat der Stadt Hilden möge beschließen: 1. Die Stadt Hilden ändert als Gesellschafterin die Gesellschaftsverträge der kommunalen GmbHs mit mindestens 75% städtischer Beteiligung so, dass die Geheimhaltungspflicht der Aufsichtsratmitglieder beschränkt wird und künftig nur noch für solche Tagesordnungspunkte der Aufsichtsratssitzungen gilt, die den unmittelbaren Kernbereich gesellschaftlicher Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse umfassen, wie z. B. Investitions-, Finanz- und Absatzplanung und deshalb zum Wohl des jeweiligen städtischen Unternehmens zwingend der Verschwiegenheit bedürfen. 2. Der Presse werden alle Tagesordnungspunkte, die nach Ziffer 1 nicht länger der Geheimhaltungspflicht unterliegen, bereits vor der jeweiligen Aufsichtsratssitzung unter Angabe des Beratungsdatums mitgeteilt. 3. Gem. § 113 Abs. 1 Gemeindeordnung NW werden die Vertreter der Stadt im Aufsichtsrat der Stadtwerke Hilden GmbH angewiesen, mit den Vertretern der Stadtwerke Düsseldorf im Aufsichtsrat Verhandlungen aufzunehmen, um eine entsprechende Beschlussfassung gem. Ziffer 1 und 2 auch für die Stadtwerke Hilden GmbH herbeizuführen. Begründung: Seit mehr als 50 Jahren werden die stadtpolitischen Themen vor den interessierten Bürgerinnen und Bürgern im Rathaus öffentlich beraten. Das hat sich in all den Jahren bewährt. Inzwischen wurden nun aber immer mehr kommunale Aufgaben von der Stadt an geheim tagende städtische GmbHs ausgelagert. Nach der Privatisierung kommunaler Einrichtungen wird in den kommunalen Tochterunternehmen der ganz überwiegende Teil der Entscheidungen unter Ausschluss der Gemeindeöffentlichkeit getroffen. Entscheidungen in den Leitungsorganen der gemeindlichen Gesellschaften, also vor allem in den Aufsichtsräten, finden stets unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Transparenz und Bürgerfreundlichkeit kommen dabei zu kurz. Die demokratische Kontrolle durch die Bürgerschaft und die Presse ist dadurch eingeschränkt. Die Tatsache, dass im Rat vertretene politische Parteien auch im Aufsichtsrat dieser GmbHs vertreten sind, kann die öffentliche Debatte kommunaler Angelegenheiten nicht ausreichend ersetzen. Aus dem vom Demokratieprinzip bzw. dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Öffentlichkeitsprinzip, das deshalb Verfassungsrang hat, ergibt sich auch bei Privatisierung kommunaler Einrichtungen ein Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit, zumal die Stadt nicht der Verpflichtung unterliegt, ihre wirtschaftlichen Betätigungen vor der Öffentlichkeit möglichst geheim zu halten. Immerhin arbeitet die Stadt mit den Steuergeldern der Bürger/innen. Eine ganze Reihe wichtiger Angelegenheiten, die alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt betreffen, werden in nicht-öffentlichen Beratungen entschieden. Manchmal ist der Ausschluss der Öffentlichkeit gesetzlich gefordert und sinnvoll, manchmal möchte die Mehrheit der Gremien die Bürger/innen nicht dabei haben, weil die Entscheidungsgründe keiner kritischen Diskussion standhalten würden. Stets unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagen die Aufsichtsräte kommunaler Einrichtungen, wie z. B. Stadtwerke, Holding, Verkehrsgesellschaft oder Jugendwerkstatt, obwohl die Stadt in deren Besitz ist und bei Bedarf deren Defizite ausgleicht. Die Vorschriften des Gesellschaftsrechts sehen vor, dass die Aufsichtsratmitglieder bezüglich vertraulicher Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Doch handelt es sich insoweit um so genanntes „dispositives Recht“, das durch Gesellschaftsvertrag näher festgelegt, erweitert oder eingeschränkt werden kann. Für fakultative Aufsichtsräte kann durch Satzung oder Geschäftsordnung die Verschwiegenheitspflicht grundsätzlich unabhängig von §§ 116, 93 Abs. 1 Satz 2 AktG nicht nur eingeschränkt, sondern auch erweitert werden (vgl. § 52 Abs. 1 GmbHG). Das GmbH-Recht lässt genügend Spielraum, um die Mitglieder eines fakultativen Aufsichtsrats von ihrer Geheimhaltungspflicht teilweise zu befreien. Dies gilt für Angelegenheiten, die überwiegend das Allgemeinwohl der Stadt als Inhaberin eines Betriebes betreffen. Tagesordnungspunkte dieser Art könnte ein Aufsichtsrat auch in öffentlicher Sitzung verhandeln. Die Änderung der Gesellschaftsverträge dahingehend, dass die Geheimhaltungspflicht der Aufsichtsratsmitglieder kommunaler GmbHs beschränkt wird und künftig nur noch für solche Tagesordnungspunkte der Aufsichtsratssitzungen gilt, die zum Wohl des jeweiligen städtischen Unternehmens zwingend der Verschwiegenheit bedürfen, ist mit den geltenden gesellschaftsrechtlichen Vorschriften – insb. den § 52 Abs. 1 GmbHG i.V.m. §§ 116, 93 Abs. 1 Satz 1 AktG – vereinbar, soweit es sich um Gesellschaften mit einem fakultativen Aufsichtsrat handelt. Denn von der grundsätzlich zwingenden Verschwiegenheitspflicht des § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG kann durch Gesellschaftsvertrag gemäß § 52 Abs. 1 GmbHG bei einem fakultativen Aufsichtsrat abgewichen werden. – Dieser ist bei allen städtischen Gesellschaften vorhanden. Die Gemeindeordnung NW geht in § 48 Abs. 2 i. V. mit § 58 Abs. 2 für Entscheidungen des Rats und seiner Ausschüsse vom Regelfall der Öffentlichkeit der Sitzungen aus. Dieses Öffentlichkeitsprinzip für kommunale Beschlussorgane wird bei Privatisierungen weitgehend außer Kraft gesetzt. Die geforderte Lockerung der Geheimhaltungspflicht würde den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Ratsmitgliedern, eine öffentliche Debatte und der Presse zumindest die gezielte Nachfrage und Recherche ermöglichen – auch wenn die Sitzungen selbst dem GmbH-Gesetz entsprechend nach jetzigem Rechtsstand nichtöffentlich bleiben müssten. (Dieses Verfahren entspräche dem Vorgehen bei der öffentlichen Bekanntgabe der Tagesordnung der Sitzung des Zweckverbands der Sparkasse Hilden-Ratingen-Velbert im Amtsblatt der Stadt, Nr. 29/2008.) Die von der „Bürgeraktion Hilden“ beantragte Änderung der Gesellschaftsverträge dieser GmbHs ist mit dem Kommunalrecht vereinbar. Das Land hat den Gemeinden die Möglichkeit eröffnet, ein Unternehmen in Rechtsformen des Privatrechts (z.B. einer GmbH) zu betreiben und in den entsprechenden Vorschriften geregelt, dass Personen, die von der Gemeinde entsandt oder auf ihre Veranlassung gewählt wurden, die Gemeinde über alle wichtigen Angelegenheiten möglichst frühzeitig zu unterrichten und ihr auf Verlangen Auskunft zu erteilen haben. Der Gesetzgeber hat zwar auf eine ausdrückliche Regelung zur Auskunftserteilung gegenüber der Öffentlichkeit verzichtet, aber aus dieser Lücke kann aber nicht geschlossen werden, dass eine „großzügige“ Unterrichtung der Öffentlichkeit verboten sein solle. Das Verwaltungsgericht Regensburg hat dieses bürgerfreundliche Verfahren nach einem erfolgreichen Bürgerbegehren („Mehr Bürgerbeteiligung statt geheimer Rathauspolitik“) mit Urteil vom 02.02.2005 für zulässig erklärt. Denn die „kommunalen GmbHs geben rechtlich zwar eigenes, faktisch aber das Geld der Bürger aus“, so das Gericht. Werden künftig Entscheidungssachverhalte der Öffentlichkeit bekannt gegeben, so werden die vom Rat der Stadt auf der Grundlage des Ergebnisses der Kommunalwahl in Aufsichtsräte der städtischen Gesellschaften Delegierten in noch stärkerem Maße gezwungen sein, ihre Entscheidungen am Allgemeinwohl auszurichten!

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