PM BUND: Braunkohlentagebau Garweiler vor dem höchsten Gericht

“Bergrecht darf nicht länger Grundrecht brechen” / BUND und Privatkläger gehen optimistisch in die mündliche Verhandlung Düsseldorf, 27.05.2013 – Am 4. Juni verhandelt der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe die Verfassungsbeschwerden des nordrhein-westfälischen Landesverbandes des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und einer Privatperson aus Erkelenz-Immerath gegen den Braunkohlentagebau Garzweiler. Für die Beschwerdeführer ist das der vorläufige Endpunkt eines langjährigen Rechtsstreits. Sie erhoffen sich eine richtungsweisende Entscheidung zur Stärkung der Grundrechte der Betroffenen gegenüber den Bergbauinteressen. “Bergrecht darf nicht länger Grundrecht brechen”, sagte Dirk Jansen, Geschäftsleiter des BUND. “Es kann nicht angehen, dass im 21. Jahrhundert in Deutschland die betriebswirtschaftlichen Interessen der RWE Power AG höher gewichtet werden, als die Belange des Allgemeinwohls.” Die Zwangsenteignung der BUND-Obstwiese zugunsten des extrem klimaschädlichen und zudem heute überflüssigen Energieträgers verstoße gegen das Grundrecht auf Eigentum gemäß Artikel 14 des Grundgesetzes. Die Nutzung der Braunkohle zur Stromerzeugung werde mit einer großflächigen Landschaftszerstörung, Ewigkeitsschäden an Boden- und Gewässerhaushalt sowie irreversiblen Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes erkauft. Gesundheitsschädliche Lärm- und Feinstaubimmissionen, Bergschäden und die Umsiedlung von 7.600 Menschen allein für “Garzweiler II” seien gewichtige Belege der Allgemeinwohlschädlichkeit der Braunkohlengewinnung. “Ein dringendes, nicht auf andere Weise zu befriedigendes öffentliches Interesse an der Gewinnung der Braunkohle aus Garzweiler ist nicht gegeben”, konstatiert Rechtsanwalt Dirk Teßmer. “Dies wäre aber die zwingende Voraussetzung für eine Grundabtretung.” Der Frankfurter Jurist vertritt beide Beschwerden vor Gericht. Der tagebaubetroffene Beschwerdeführer aus Erkelenz-Immerath macht die Verletzung seines Grundrechts auf Freizügigkeit aus Artikel 11 Grundgesetz geltend. Dies umfasse auch ein “Recht auf Heimat”. Durch die bergrechtlichen Zulassung des Tagebaus sei grundrechtswidrig bestimmt worden, dass die Bagger nicht gestoppt werden könnten. Zudem bemängeln BUND und privater Beschwerdeführer, dass ein frühzeitiger und umfassender Rechtsschutz durch das Bergrecht verhindert werde. Erst wenn die Bagger buchstäblich “vor der Haustür” stünden, könne man gegen eine drohende Grundabtretung klagen. Dann sei es aber schon viel zu spät. Dass Bergbaubetroffene solange in einem schon weitgehend umgesiedelten und verwüsteten Ort ausharren müssten, sei unzumutbar. “Es ist allerhöchste Zeit, dass das anachronistische und undemokratische Bundesberggesetz endlich an die aktuellen Erfordernisse angepasst wird”, fordert die BUND-Braunkohlenexpertin Dorothea Schubert. “Dafür haben wir 30 Jahre gekämpft.” Setzen sich die Beschwerdeführer durch, hätte dies weit reichende Auswirkungen auf die bergrechtliche Praxis. Auch ein Stopp des Tagebaus Garzweiler sei denkbar. 1987 begannen die offiziellen Planungen für den Braunkohlentagebau Garzweiler II. In den 1990er Jahren sorgten die Genehmigung des Braunkohlenplans sowie die Zulassung des Rahmenbetriebsplanes für einen landespolitischen Dauerstreit. Trotz vehementer Proteste von BUND, Kirchen, Kommunen und Bürgerinitiativen erteile die damalige rot-grüne Landesregierung alle erforderlichen Genehmigungen. Am 1. Dezember 2000 reichten der BUND und verschiedene Privatpersonen Klage gegen die Rahmenbetriebsplanzulassung ein. Am 09. Juli 2005 folgte die BUND-Klage gegen die Zwangsenteignung seiner Obstwiese im Tagebau Garzweiler. Diese ist bis heute die erste und einzige Klage gegen die Grundabtretung für einen Tagebau im Rheinland. Anfang Januar 2008 widersetzten sich BUND-Aktivisten der drohenden Zwangsräumung der Obstwiese, ehe der Widerstand durch ein Großaufgebot der Polizei beendet wurde. Nachdem alle Klagen von den Verwaltungsgerichten abgewiesen wurden, legten der BUND und der private Beschwerdeführer am 5. Dezember 2010 die Beschwerden beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein.

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